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Wie sehen Gamer aus? So!
Virale Kampagne gegen Vorurteile

Wohin ein neues Profilfoto so führen kann. — Vor einigen Tagen ändert Prof. Dr. Linda Breitlauch ihr Profilbild bei Facebook. Mit verschränkten Armen und Business-Blazer lächelt sie auf diesem den Betrachter vom linken Bildteil aus, leicht süffisant an. Rechts bleibt ein Freiraum, wie häufig bei Businessportraits. Dieser bietet Platz für ein Statement oder ein berühmtes Zitat, was auch bald folgt. »So sehen Gamer aus« ist bei Linda Breitlauch, die die erste Professur für Game-Design in Europa erhielt, zahlreichen Jurys beisitzt und sich schon seit Langem für eine Wahrnehmung des Mediums jenseits von Spielzeug einsetzt, mehr als naheliegend.


Das Bild bei Facebook erhält mehr als 170 Likes, und auch bei Twitter kommen unter #sosehengameraus  schnell viele positive Reaktionen und Bilder. Ob Moderator, Vorstandschef, PR-Manager, Journalist, Papa, Mama, Schüler oder Student — die geposteten Bilder zeigen die Vielfalt derer, die sich von Lindas Tweet (»Post you as a Gamer«) angesprochen fühlen.


quod erat demonstrandum


Natürlich kommt keine Flut von Bildern dicker, pickeliger und einsamer Kellerkinder. Ach, guck' an. Wer hätte das gedacht? Die Reaktionen auf die virale Kampagne von Linda Breitlauch sind dennoch nicht nur positiv. Denn natürlich hat der Begriff »Gamer« spätestens seit #Gamergate ein Gschmäckle (vgl. Kein richtiges Leben im falschen: #sosehengameraus). Die Frage nach der Notwendigkeit einer solchen Kampagne stellt sich für alle, zu deren Alltag Games gehören, nicht. Wir wissen, dass die Vorurteile vom einsamen, dicken Jungen als typischem Gamer haltlos sind.


Doch wissen das auch die Anderen? Diejenigen, die uns süffisant anlächeln, wenn sie erfahren, dass man sich mit Games beruflich oder im Studium beschäftigt und dann fragen: »Spielst Du denn selber auch so Spiele?« Oder diejenigen, die einen bunten oder comichaften Art-Style gleich als »für Kinder« kategorisieren? Klar, wir gucken Simpsons, Spongebob oder Southpark, oder wissen zumindest um deren zahlreiche popkulturellen und gesellschaftspolitischen Anspielungen. Aber weiß das auch jemand, der kein großes Interesse an Popkultur hat? Wir kennen die Vielzahl von Games, ihre inhaltliche und ästhetische Diversität, ihre unterschiedlichen intellektuellen und spielmechanischen Ansprüche. Aber weiß auch jemand, der Games nur aus der App-Store-Werbung oder vom Wunschzettel der Enkelin kennt, um diese Dinge? 


Cave quicquam dicas, nisi quod scieris optime


Immer wieder reagieren Leute aus meinem Umfeld, gerne auch aus den etablierten Kulturbereichen Musik, Theater, Literatur, Film und Kunst, überrascht, wenn sie erfahren, dass ich spiele. Ganz ehrlich: Warum?


Oder muss ich davon ausgehen, dass jemand, der ein Konzert organisiert, keine Musik hört? Jemand, der über ein Theaterstück schreibt, gar nicht ins Theater geht? Oder jemand, der Filmfeste veranstaltet, Filme nur vom Hörensagen kennt?


Romani ite domum


Solange noch immer Umsatzzahlen, Phrasen wie »in der Mitte der Gesellschaft angekommen« oder Begriffe wie »daddeln« in jedem Bericht über Games in den großen Medien erst ein mal rechtfertigen müssen, dass man überhaupt einen Artikel über selbige veröffentlicht, scheint jede Kampagne gegen Vorurteile im Bezug auf Games dringend notwendig. (Btw, ich daddel nicht!) Dass die Gaming-Community selber ihre Begrifflichkeiten anhand solcher Ereignisse problematisiert und reflektiert, ist dabei sogar ein unbedingt notwendiger Mechanismus (Superlevel).


In magnis et voluisse sat est


Ich habe mich jedenfalls beteiligt, wie etwa auch Christian Schiffer, Herausgeber der WASD, Prof. Dr. Martin Geisler vom Institut Spawnpoint und viele weitere Leude, formerly known as gamers. :-)