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Das Spiel mit dem Hakenkreuz - »Through the Darkest of Times«

Kurz vor der gamescom wurde durch die USK bekanntgegeben, dass das erste Spiel unter Berücksichtigung der Sozialadäquanz gekennzeichnet wurde. Zurückzuführen lässt sich dies auf die geänderte Rechtsauffassung bei verfassungswidrigen Symbolen in digitalen Spielen. Dies bedeutet, dass verfassungswidrige Symbole in Spielen nicht zensiert werden müssen, sofern diese der Kunst, Wissenschaft oder der Geschichte entsprechen. Bei dem betreffenden Spiel handelt es sich um das historische Strategiespiel »Through the Darkest of Times«, das im Rahmen der Indie Arena Booth auch auf der gamescom 2018 ausgestellt wurde. Dieser Schritt zeigt, dass sich der Status von Games als Kunst und Kulturgut merklich dem von anderen Medien annähert. Doch ist nun alles gut und reibungslos verlaufen? Nein, denn letztlich wäre es dann doch zu einfach, wenn dies nicht ohne ein paar Stolpersteine über die Bühne gegangen wäre. Doch beginnen wir nochmal von vorne ...


»Through the Darkest of Times« ist ein Indie-Spiel von Jörg Friedrich und Sebastian St. Schulz. Beide haben bereits in der Vergangenheit an AAA-Titeln in der Branche gearbeitet. Zu ihrem Portfolio zählt unter anderem die Mitarbeit an Dead Island 2 sowie dem Antikriegsspiel Spec Ops: The Line. Mit Paintbucket Games haben die beiden Spieleentwickler dann ihr eigenes Indie-Game-Studio gegründet, um an neuen Projekten zu arbeiten. Dieses ist verortet im Indie-Game-Collective und Co-Working-Space Saftladen in Berlin.



Unabhängig von alle Debatten um verfassungswidrige Symbole in digitalen Spielen, war Jörg Friedrich im Rahmen des gamescom congress eingeladen, um mit Max von Malotki, Christian Schiffer, Olaf Zimmermann und Andreas Lange über Erinnerungskultur in Spielen zu sprechen. Selbstverständlich wurde auch über »Through the Darkest of Times« gesprochen. So erzählte Jörg Friedrich, dass das Projekt einen besonderen Stellenwert für die beiden Entwickler hat. Es geht hauptsächlich um die kleinen Geschichten und die Menschen, von denen man in Geschichtsbüchern oftmals nichts liest. Die Personen, die aufgestanden sind und sich gewehrt haben. Unabhängig von Geschlecht, Religion oder sozialem Stand geht es um den Widerstand der Bürger, die für Gerechtigkeit gekämpft und andere geschützt haben. Außerdem erzählte Jörg Friedrich, dass bei einem so ernsten Thema die Verwendung von Ersatzsymbolen nie zur Debatte stand. Letztlich geht es um die geschichtliche Aufarbeitung einer historischen und sehr dunklen Epoche der deutschen Geschichte. Nachzuhören ist die spannende Diskussion auf WDR 3.


Bisher hört sich das alles ganz positiv an. Jedoch veröffentliche die Berliner Morgenpost am darauffolgenden Tag einen Artikel zu dem Thema mit der Headline "Giffey kritisiert Veröffentlichung von Spiel mit Hakenkreuz". Die Rede ist von der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, die am selbigen Tag die gamescom besuchte. Und schon war die alte Diskussion wieder da, die nicht nur auf der gamescom, sondern auch in den sozialen Netzwerken zahlreich geführt wurde. Natürlich zeigten sich die Entwickler hinter dem Spiel empört, besonders da Franziska Giffey sich an diesem Tag auch selber das Spiel angeschaut und es laut Entwicklern für gut befunden hat.



Doch auch die beiden Autoren des Beitrags meldeten sich zu Wort. So schrieb Jan Mölleken auf Twitter: "Wir haben das Zitat komplett so abgedruckt, wie es uns Frau per Email zugeschickt hat." Nun steht Aussage gegen Aussage, wenn man sich das Zitat von Franziska Giffey jedoch anschaut, kann man sich schnell eine eigene Meinung machen: „Mit Hakenkreuzen spielt man nicht. Gerade in Deutschland müssen wir uns auch heute unserer besonderen historischen Verantwortung immer bewusst sein.“ Alleine dieses Zitat weist auf die Dringlichkeit hin, mit der das heikle Thema in Deutschland behandelt werden sollte. Von einer Kritik an der Freigabe des Spiels ist jedoch nichts herauszulesen. Es zeigt sich also, dass die Überschrift wenig mit dem eigentlich Zitat übereinstimmt. Allerdings sind es gerade solche Headlines, die im besten Falle zum Lesen animieren, im schlechtesten Falle jedoch einfach als einzige Information wahrgenommen werden. So bleibt ein bitterer Beigeschmack, denn die Games in der Vergangenheit leider oft durch die Presse erfahren haben. Umso ärgerlicher für die Entwickler von Paintbucket Games, denn fortan mussten die beiden ziemlich viele Fragen über Hakenkreuze beantworten. Allerdings geht es in dem Spiel um viel mehr und glücklicherweise haben sich viele Menschen im Rahmen der gamescom in Halle 10.1 einen Eindruck davon machen können. 


Besonders spannend fanden wir die Diversität der verschiedenen Figuren, die nochmals verdeutlicht, wie unterschiedlich die Charaktere des Widerstands waren. Auch die moralischen und ethischen Werte werden angesprochen, wenn man beispielsweise entscheiden muss, ob man sich selber in Gefahr bringt, wenn man einem Mann helfen möchte, der am Marktplatz bedrängt wird. Wir sind sehr gespannt auf das fertige Spiel und hoffen, dass solche ernsten und moralischen Spiele mit geschichtlichem Hintergrund auch von der Presse bald nicht mehr nur auf die Verwendung von Zeichen und Symbolen reduziert werden, sondern von der Presse auch narrativ betrachtet werden. Selbstverständlich ist und bleibt das Theme heikel und muss verantwortungsvoll behandelt werden. Im Rahmen der gamescom 2018 hat die Politik hier positiv aufgezeigt, wie das aussehen kann.



Bilder + Quelle: throughthedarkestoftimes